An die Verhandlungsführer_innen
in den Sondierungsgesprächen und
Koalitionsverhandlungen

Berlin, den 13.11.2017

Koalition nur mit Bekenntnis zu Deutschland als Einwanderungsgesellschaft

Sehr geehrte Damen und Herren,

wir, der Vorstand von DeutschPlus e.V., der Initiative für eine plurale Republik, wenden uns heute an Sie mit einem äußerst wichtigen Anliegen für die laufenden Sondierungsgespräche und mögliche Koalitionsverhandlungen. Wir sagen: Eine Jamaika-Koalition ist nur glaubwürdig und repräsentiert die Mehrheit der in diesem Land lebenden Menschen nur, wenn sie sich aktiv zu Deutschland als Einwanderungsland bekennt und das auch im Koalitionsvertrag festschreibt.Es ist ein unerträglicher Zustand, dass 22,5 Prozent der deutschen Bevölkerung eine Einwanderungsgeschichte hat, aber nur ein Bruchteil dieser Menschen in der Politik, in Parteien, in öffentlichen Verwaltungen und Institutionen, in Universitäten, Unternehmen, Kunst, Kultur und Medien sichtbar sind. Wir fordern gleiche Teilhabe auf allen Ebenen. DeutschPlus setzt sich aktiv dafür ein, dass Menschen mit Einwanderungsgeschichte auf allen gesellschaftlichen und politischen Ebenen ihrem Bevölkerungsanteil entsprechend vertreten sind und stellt sich klar gegen Rassismus und Diskriminierung in jeglicher Form.

Konkret fordern wir:

  • Einrichtung eines Ministeriums für Migration, Integration und Vielfalt: Für chancengerechte Integration braucht es mehr Ressourcen, sowohl finanziell als auch strukturell. Eine politische Aufwertung ist notwendig, um dieser Zukunftsaufgabe gewachsen zu sein. Gelingen kann dies nur in einem eigenen Ministerium für Migration und Vielfalt, in dem die Kompetenzen Migration, Integration, Antidiskriminierung und Diversitäts-Mainstreaming in der Bundesregierung gebündelt werden. Dieses kann auch Teil eines gesellschaftspolitischen Fachministeriums sein.
  • Vielfalt und Integration als Staatsziel in das Grundgesetz: Ein neues Selbstverständnis von Deutschland als Einwanderungsgesellschaft sollte im Grundgesetz verankert werden. So könnten alle drei Staatsgewalten verpflichtet werden, Belange von Vielfalt und Integration bei der Wahrnehmung ihrer Aufgaben mitzudenken. Dies käme nicht zuletzt den Grund- und Menschenrechten aller in der Einwanderungsgesellschaft zugute. Wir fordern zudem eine Aufhebung des Kooperationsverbots im Integrationsbereich, damit der Bund die Kommunen besser unterstützen kann.
  • Einführung eines Bundesintegrations- und Partizipationsgesetzes: Wir brauchen mehr Vielfalt in öffentlichen Institutionen und Organisationen. Dafür dringend erforderlich ist ein Bundesintegrations- und Partizipationsgesetz, in dem die interkulturelle Öffnung in Organisationen und Institutionen verbindlich geregelt wird.
  • Einrichtung eines Nationalen Rates für Interkulturelle Öffnung und Teilhabe in der Einwanderungsgesellschaft: Wir fordern mit der Einrichtung eines solchen Rates dem höchst erfolgreichen Beispiel des Deutschen Ethikrates zu folgen. Der Rat sollte paritätisch besetzt sein mit anerkannten Vertreter_innen aus der Wissenschaftler, der Migrant_innen-Organisationen und der Neuen Deutsche Organisationen sowie der Arbeitgeber und Gewerkschaften.

Einen Großteil dieser Forderungen haben wir mit 50 anderen Migrant_innenorganisationen und Neuen Deutschen Organisationen in einem gemeinsamen Impulspapier vorgestellt. Dieses finden Sie hier: https://drive.google.com/file/d/0B0IHn0rcy4UmeFVJb1FjZDZVTVk/edit

Wir beobachten einen Rechtsruck in Deutschland. Die von uns empfohlenen Maßnahmen dienen dazu, dem wachsenden Nationalismus und Rassismus in Deutschland substantiell etwas entgegenzustellen und die Einwanderungsgesellschaft für alle zu gestalten. Rechtspopulismus und Rassismus schaffen Gräben, wo keine sein sollten: Zwischen Menschen, die in unserem Land leben, arbeiten, sich verwirklichen und ihren Beitrag leisten möchten. Rassismus trennt, was zusammengehört: Menschen mit und ohne Einwanderungsgeschichte.

Vielfalt ist die Stärke, mit der sich unsere demokratische Gesellschaft eine Zukunft in Frieden und Freiheit aufbauen kann. Sie haben es in der Hand, diese Vielfalt zu gestalten. Setzen Sie sich für unsere Forderungen im Rahmen der anstehenden Koalitionsgespräche ein. Für Gespräche stehen wir Ihnen jederzeit gerne zur Verfügung.

Mit freundlichen Grüßen,

Farhad Dilmaghani, Vorsitzender
Armaghan Naghipour, stellvertretende Vorsitzende 
Dr. Johannes Eichenhofer, stellvertretender Vorsitzende